Nicht alle, aber viele Uebel im damaligen Russland hat Nikolaus II. selbst zu verantworten und zwar aus Unfaehigkeit. In seiner Regierungszeit von 1894 bis 1917 ist der Zar im Grunde stets der falsche Mann am falschen Ort, urteilt Professor Dittmar Dahlmann. Der Bonner Osteuropa-Historiker beschreibt Nikolaus II. als unpolitischen Menschen, unfaehig, die Folgen seines Handelns und die Veraenderungen seiner Zeit zu verstehen. Selbst im Krisenjahr 1917 bleibt der letzte Romanow-Herrscher blind gegenueber den Realitaeten. "Majestaet", fluestert der englische Botschafter Nikolaus zu, "Ihr muesst unbedingt das Vertrauen der Volksmassen zurueckgewinnen." Die Antwort des Autokraten: " Es ist nicht an mir, das Vertrauen meines Volkes zu verdienen, sondern an ihm, mein Vertrauen zu verdienen."
Zu Beginn des Schicksalsjahres 1917 ist Russland nur noch ein Kartenhaus kurz vor dem Einsturz: kriegsmuede Soldaten, hungernde Massen, die Wirtschaft am Boden, das Geld nichts mehr wert. Es riecht nach Umsturz. Und wie reagiert der Zar? "Die Situation ist nicht so tragisch. Alles wird sich regeln." Ignorant verspielt Nikolaus II. so auch seine allerletzte Chance, eventuell seine völlige Entmachtung, die Revolution und letztlich die Ermordung seiner ganzen Familie zu verhindern. Den Romanows, vor allem der deutschen Zarengattin Alexandra, die unter dem unseligen Einfluss des Wunderheilers Rasputin steht, schlaegt nur noch Hass und Verachtung entgegen.Der Lauf der Revolution ist so nicht mehr zu stoppen.